Jede, auch ganz alltägliche Tätigkeit kann Dich zu einer magischen Erfahrung völliger Einheit führen. Du benötigst nur drei Zutaten … Dies ist der Yoga des Handelns (kriyā-yoga).

Yoga Sutra 2: Über die spirituelle Praxis
tapasDvandva-Kompositum
tapasSubstantiv Neutrum
Askese, Brennen, Disziplin
tapasSubstantiv Neutrum
tapVerbalwurzel
Wärme, Hitze, Glut; Selbstpeinigung, Askese
tapVerbalwurzelwärmen, scheinen, Wärme von sich geben
svādhyāyaDvandva-Kompositum
svādhyāyaSubstantiv Maskulin
Selbststudium, Studium des Selbst
svādhyāyaSubstantiv Maskulin
svaPräfixadhyāyaSubstantiv Maskulin
Studium des Veda
svaPräfixauf sich selbst bezogen, selbst
adhyāyaSubstantiv MaskulinStudium, das Lesen
īśvarapraṇidhānāniNominativ Plural
īśvarapraṇidhānaSubstantiv Neutrum
Gotteshingabe, ohne Verhaftung an das Resultat, Zufriedenheit
īśvarapraṇidhānaSubstantiv Neutrum
īśvaraSubstantiv MaskulinpraṇidhānaSubstantiv Neutrum
Hingabe zu Gott
īśvaraSubstantiv Maskulin
īśVerbalwurzel
oberste Gottheit
īśVerbalwurzelzu eigen haben, Eigentümer sein, verfügen über, vermögen, herrschen
praṇidhānaSubstantiv Neutrum
praPräfixniPräfixdhāVerbalwurzel
rücksichtsvolles Benehmen
praPräfixvorwärts, vorne
niPräfixinnen, nach innen, innerhalb, unten, zurück
dhāVerbalwurzelsetzen, stellen, legen
kriyāTatpuruṣa-Kompositum Lokativ
kriyāSubstantiv Feminin
Handlung, Yoga der Tat, Kriya-Yoga
kriyāSubstantiv Feminin
kr̥Verbalwurzel
Ausführung, Handlung, Tätigkeit, Arbeit
kr̥Verbalwurzelmachen, vollbringen, ausführen, bewirken
yogaḥNominativ Singular
yogaSubstantiv Maskulin
Yoga
yogaSubstantiv Maskulin
yujVerbalwurzel
Yoga, Verbindung, das Anschirren
yujVerbalwurzelschirren, anspannen

Durch drei Zutaten kannst Du in jeder alltäglichen Aktivität in das magische Erlebnis des Yoga eintauchen (kriyā-yoga):

  1. Mut und Enthusiasmus, Dich auf das einzulassen, was Du gerade tust und dabei Deine Komfortzone zu verlassen (tapas),
  2. Staunen und bewusstes Wahrnehmen dessen, was ist (svādhyāya)
  3. Zufriedenheit mit und Annahme des Ist-Zustandes (īśvara-praṇidhāna)

Dr. Ronald Steiner - moderner Transfer

Erläuterung zum modernen Transfer:

Ganz alltägliche Aktivitäten können Dich in einen magisch-meditativen Zustand führen. Die Welt um Dich herum verschwindet dann und Du bist völlig präsent. Voraussetzung für das Eintauchen in diesen magischen Moment sind:

  1. tapas: Die Bereitschaft Dich herauszufordern oder etwas zu wagen. Das ist sicher einer der Gründe, warum Extremsportarten so anziehend wirken. Wenn Du Dich überwindest und in für Dich unbekannte Bereiche vordringt, kommst Du auch ganz im Augenblick an. Vergangenheit und Zukunft lösen sich dann auf. Daher kannst Du tapas in diesem Kontext auch mit "Mut" übersetzen.
  2. svādhyāya: Kann wörtlich auch das Studium (dhyā) von Dir selbst (sva) bedeuten. Der Blick geht also von Außen nach Innen. Du beobachtest Dich selbst und nimmst Deine Gefühle und Gedanken bewusst wahr. So kannst Du svādhyāya in diesem Kontext auch mit "Staunen" oder "Achtsamkeit" übersetzen.
  3. īśvarapraṇidhāna: Gibst Du Dich einem Gott hin, so gibst Du Dich auch dem Fluss der Dinge hin. Du akzeptierst etwas, das Du selbst nicht kontrollieren kannst. Anstatt Dinge ständig verändern zu wollen, kannst Du die Dinge einfach so annehmen, wie sie sind. Du lernst so mit dem aktuellen Ist-Zustand zufrieden zu sein. So erlebst Du schnell ein Gefühl vom Leben getragen zu werden. Alles wird zu einem magischen Geschenk. Daher kannst Du hier īśvarapraṇidhāna als "Zufriedenheit" übersetzen.

Ein schönes Beispiel für diese drei Komponenten ist das Verliebtsein. Bist Du verliebt, so fühlst Du Dich maximal lebendig und präsent. Alle drei Bestandteile sind beteiligt:

  1. Du benötigst Mut, um Dich auf den anderen Menschen einzulassen.
  2. Du lässt Dich auf den anderen ein, staunen über das, was entsteht. So erlebst Du Dich selbst neu.
  3. Du kannst Liebe nicht erzwingen, vielmehr ist es ein Hingeben und Abwarten, was entsteht.


Der Yoga des Handelns (kriyā-yogaḥ | nom sg) [besteht aus] Askese (tapas | dv), Schriftstudium (svādhyāya | dv) und Gottesverehrung (īśvara-praṇidhānāni | nom pl).

Dr. Ronald Steiner - historisch-wörtlich

Aus dem Vyāsa Bhāṣya:

Hier definiert der Bhāṣya die drei Begriffe wie folgt:

  1. Die Askese (tapas) das Treiben im inneren Wahrnehmungsraum wird durch asketische Übung aufgelöst.
  2. Das Schriftstudium (svadhyāya) besteht zum einen aus dem Studium von heiligen Schriften (mokṣa-śāstra). Zum anderen aber auch aus der Rezitation von Mantren (japa), insbesondere der heiligen Silbe OM (praṇava).
  3. Bei der Gottesverehrung (īśvarapraṇidhāna) geht es zum einen um ein Darbringen aller Handlungen an einen höchsten Lehrer, aber auch das Entsagen von den Früchten des eigenen Handelns.


Self-castigation and study and devotion to the Icvara are the Yoga of action.

James Haughton Woods - 1914


Askese, Vedastudium und Gottergebenheit bilden den Werk-Yoga.

Paul Deussen - 1908


The practical (part of) concentration is mortification (Tapas), muttering (Svādhyāya) and resignation (Praṇidhāna) of the Lord.

James R. Ballantyne - 1852

samādhiTatpuruṣa-Kompositum Genitiv
samādhiSubstantiv Maskulin
vollkommenen Einheitserfahrung
samādhiSubstantiv Maskulin
samPräfixādhiSubstantiv Maskulin
Zusammensetzung, Verbindung, Einheitserfahrung, Erleuchtungszustand
samPräfixzusammen, mit, völlig
ādhiSubstantiv Maskulin
āPräfixdhāVerbalwurzel
Standort, Lage, Gedanken, Sorgen
āPräfixhin zu, nahe bei
dhāVerbalwurzelsetzen, stellen, legen
bhāvanaTatpuruṣa-Kompositum Akkusativ
bhāvanaSubstantiv Neutrum
das Bewirken, das Fördern
bhāvanaSubstantiv Neutrum
bhuVerbalwurzel
das Bewirken, das Fördern
bhuVerbalwurzelsein, werden
arthaNominativ Singular
arthaSubstantiv Maskulin
Ziel
kleśaTatpuruṣa-Kompositum Genitiv
kleśaSubstantiv Maskulin
leidvolle innere Tendenzen
kleśaSubstantiv Maskulin
kliśVerbalwurzel
Schmerz, Leiden, Beschwerde
kliśVerbalwurzelplagen, quälen, leiden, Beschwerde empfangen
tanūkaraṇa-Tatpuruṣa-Kompositum Akkusativ
tanūkaraṇaSubstantiv Neutrum
Verringern, Schwächen
tanukāraṇaSubstantiv Neutrum
tanuAdjektivkaraṇaAdjektiv
Verringern, Schwächen
tanuAdjektiv
tanuAdjektiv
gering
karaṇaAdjektiv
kr̥Verbalwurzel
machend, bewirkend
kr̥Verbalwurzelmachen, tun, bewirken
arthaḥNominativ Singular
arthaSubstantiv Maskulin
Ziel
ca
caPartikel
und

Jede Tätigkeit kann Dich so in eine vollkommene Einheitserfahrung führen (samādhi-bhāvanā). In diesem Zustand bist Du frei von jedem Getriebensein oder inneren Zwängen (kleśa).

Dr. Ronald Steiner - moderner Transfer


[Der kriyā-yoga hat] das Ziel die vollkommene Einheitserfahrung entstehen zu lassen (samādhi-bhāvanārthaḥ | nom sg) und (ca) [er hat auch] das Ziel die leidvollen inneren Tendenzen zu verringern (kleśa-tanū-kāraṇārthaḥ | nom sg).

Dr. Ronald Steiner - historisch-wörtlich

Aus dem Vyāsa Bhāṣya:

Wenn sich die leidverursachenden Kräfte (kleśa) verringern, so wird der Unterschied zwischen dem dann ganz klaren Geist (sattva) und dem Wesenskern (puruṣa) klarer. So kann man sich beides trennen und in den Urzustand zurückkehren (pratiprasava).


For the cultivation of concentration and for the attenuation of the hindrances.

James Haughton Woods - 1914


Er (dieser Werk-Yoga) bezweckt Förderung des Samâdhi und bezweckt Abschwächung der Kleça’s.

Paul Deussen - 1908


It is for the purpose of establishing meditation and for the purpose of extanuating afflictions.

James R. Ballantyne - 1852

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